Ich bin enttäuscht – und das ist auch gut so!
Meine Freundin (in einer Beziehung) erzählte mir letztens, dass ihr Freund sich nicht nach ihren Vorstellungen verhielt. Sie möchte, dass er den Müll runter bringt und sich um die Wäsche kümmert. Er möchte dies allen Anschein nach nicht, sonst würde er es ja machen. Also ist sie enttäuscht von ihm. Wir sind uns denke ich alle einig, dass enttäuscht sein ein negatives Gefühl gerade in Beziehungen ist. Man kann ihm kaum etwas positives abgewinnen, oder? Wisst ihr, ich beschäftige mich nun schon länger mit dem Thema Achtsamkeit. Darum geht es kurz gefasst um eine akzeptierende Aufmerksamkeit. Das bedeutetet, ich nehme den gegenwärtigen Augenblick an, so wie er ist. Warum? Weil der gegenwärtige Augenblick bereits existiert. Er ist schon da, so wie er ist, im Hier und Jetzt. Lebe ich im Widerstand zu ihm bereite ich mir selbst Leid zu. Es geht also um die Annahme des Hier und Jetzt. Warum bin ich also enttäuscht, wenn etwas nicht so läuft, wie ich es erwartet habe? Weil ich meine Vorstellung von etwas (mein Freund hat sich so und so zu verhalten oder dies und jenes zu unterlassen) als meine eigene Realität ansehe. Und so soll das bitteschön auch laufen! Weil sonst entspricht es nicht meinen Erwartungen und ich bin enttäuscht. Aber was wirklich bei den ganzen Erwartungen abläuft, ist doch, dass ich mir mit meinen Vorstellungen darüber, wie etwas zu sein hat, eine eigene Realität schaffe, die mit dem gegenwärtigen Augeblick – welcher die einzig wahre Realität ist – nicht zwangsläufig übereinstimmt. Und damit schaffe ich mir selbst Leid: Ich bin enttäuscht. Aber hier ist der Punkt: Wenn du ent-täuscht bist, heißt dies, dass deine Täuschung zu Ende ist. Du bemerkst, dass deine von dir selbst kreierte Täuschung – deine Erwartung – nicht eintrifft und letztendlich nicht der Wahrheit, dem gegenwärtigen Augenblick, entspricht. Herzlichen Glückwunsch! Du musst nicht länger in deiner eigenen Täuschung leben! Du bist nun ent-täuscht und siehst die Dinge endlich klar und deutlich, so wie sie sind im Hier und Jetzt.
Text by A. Kaiser (Master in Psychologie)